Die Zukunft ist ein mechanisches Klavier.
Tasten – Immakulat.
Potiphars Hand ausgestreckt
Nach dem Kleid des Dichters
Berührt nicht ihren Lauf,
Rasten nur im Schlag,
Die Hämmer picken und picken,
Die Saiten klirren. Unerspart
Rasen die Güterzüge
Mit ihrem Lilienstank durchs weite Feld.
Geneigten Kopfes, mit der Hand abwehrend im Zögern
Hoben wir den Blick von den Papierrollen,-
Das Licht, des immer erneuerte,
Das Stampfen stammt von den Böcken.
Die Herde trampelt panisch übers Feld.
Drüben fällt Ikarus, platsch.
Die Wunde wächst schon zu, wieder und wieder.
Ich strecke die Hand aus,
Dein Kleid zu fassen. Bleib,
Engel, dein weisser Samen
Befleckt meine Zunge – ich rede.
Die Stiegen knarren wie eine Orgel schnauft.
Es gibt nur ein Morgen. Wieder und wieder.
Hackend. Heulend. Blank.
Hier mein Knochen, nimm ihn hin!
(Basel, 27.11.11)
Habe mich gestern in eine meiner liebsten Formen "gerettet", ins Rondeau / Rondo. Es bietet ähnlich wie der Haiku einen kurzen und konzisen Rahmen für eine möglichst kurze und konzise Aussage. Und ich finde mich einfach nicht zurecht mit dem freien Vers, mir gelingt die Strukturgebung noch nicht im freien Vers - er ist mir, wörtlich, zu frei. Also, das Gedicht findet sich in den "Neuesten Gedichten". Gute Lektüre.
Lass uns über das Wetter reden.
Es betrifft uns.
Betriffst du mich?
Betreff ich dich?
Erfüllt von der Leere,
Aus der alles kam,
Aus der alles kommt,
Die Wärme geht in das Papier, die Tinte,
Es zischt. Voll ist mein Denken, Reden
Von einem Damals, dem ich entstamme,
Das ein anderes als dein Damals ist,
Obwohl sie beide sich gleichen –
Oder sind sie sich ähnlich?
Vielleicht ist es so, dass sie sich gleichen,
Weil sie im Sich-gleichen verschieden sind...
(Lautes Lachen allerseits.) Ich bin allein. Einsam
Ist ein grosses Wort. Die Schlichtheit des Alltags gespiegelt
In der Schlichtheit der Wortsuche. Doch mir fehlt der Reichtum
Des Reims, sein Bett des Prokrustes. Wachsen!
Lass uns den Duden zur Hand nehmen.
Darin stehen Wörter. – Bist du allein?
(Basel, 23.11.11)
Kramladen-Welt. Die Binsen
Die wir beissen – Bissen wie Schnäbel, -
Die viel in Abendsonne – ein Infarkt, -
Planen und Aufrichten. Niemand
Besänftigt die Wundmale,
die von Einmaligkeiten beigebracht:
Ypern-Pompei,
My Lai-Angkor Wat,
Palmblätter nicken.
Es lächeln die Schweizer Hände
Grimmig und ausdauernd.
Pilze überall, Coke und V2.
(Ein Abort, zerschmettert.)
Jemand lacht, die Klingel geht erneut.
Das Schilfrohr wippt, Frösche röhren.
In Genf flattern die Tücher der Betuchten.
Die Störche ziehen, ziehen weiter
Über die Beduinen hinweg,
Die Tutsis und Serben.
(Basel, 21.11.11)
Liebe stirbt wie ein Korn.
Baumlos die Ebene, nur Gras.
Wächst dort, wo der Finger der Gelassenheit
Hindeutete,
Dort, wo der Gleichmut schon zu säen beginnt,
Wächst dort, was dauernder mich bände an dich,
Der Hass? Das Wort erduldet, das Wort.
Ebene ohne Hindernis,
Auf der mein Samen fallen wird,
Ob Wind oder Flaut’ –
Taubheit im Herz,
Lindheit auf Zung,
Werd ich wachsend stehen, Obelisk
Verwandt mit Pyrrhus,
Und die Reime mit Frauenbeinen
Machen einen Triumphbogen um mich.
(Basel, 20.11.11)
Endlich habe ich auch das Büchlein mit den Sätzen des Twitter-Romans ausgegraben und die Story bis zum Satz No. 139 vervollständigt. Mehr auf ofueglister!
Gestern nacht haben sich meine beiden besten Freunde
Zufälligerweise im Zug getroffen.
Der eine hatte mich besucht
Der andere kam von der Arbeit.
Die beiden Freunde werden auch von mir gesprochen haben...
Was habe ich dem einen
Mitgegeben von mir
Das er aufgenommen hätte
- ich rede nicht vom Verstehen, obwohl..., -
Das er widergeben könnte?
Gleichzeitig las ich einen Haiku von Meister Basho
Der die Freundschaft zelebriert.
Tränen kamen mir in die Augen.
Was bezwecke ich mit meinen Wörtern
Die ich nächtens sorgsam aufreihe?
Evozieren ist alles. Zum andern gelangen,
Nichts. Im sitzenden Schweigen meiner Abende
Beginne ich zu verstehen
- ich rede nicht vom Erkennen, obwohl..., -
Dass, was mich rührte, während
Der eine Freund den einen Tag mit mir
Mit sich trug, und Basho vor 400 Jahren
Das gemeinsame Teebereiten im Winter erinnerte,
Mit der Essenz dessen zu tun hat,
Was in uns bleibt, was in uns bleiben wird, - obwohl...
(Basel, 17.11.11)
Besetzt mit grünen Warzen
Die schadhaften Segel des Parks.
Kälte kämmt den Teppich des Laubs.
Welt ohne Berge, ohne streichenden
Gänseflaum des Nebels, hüllend
Was zu bergen sich lohnte. Trinken!
Wasserlassen. Weiterhinken.
Wo sind die gelben Wasser, erfüllend
Letzte Kälte mit erster Farbe? Die eichenden
Tage gekommen, und keines Staubs
Lehre kann dich mehr halten, Quark-
Himmel, umgitterter – jetzt saufen selbst Parzen!
Dschunken-betrunken – der Wind fleddert mein Kleid,
Raschelt, Wörter, dass begrab ich die Maid!
(Basel, 16.11.11)
Die andern Viertelstundgedichte hier!
Dank Krippe heute morgen geschrieben, also nicht nur ab 21h00 wie gewöhnlich (oder auf den Spielplätzen oder beim Kochen), und 3 Gedichte geschrieben - alle ein Wegzeichen mehr für ein poetisches Weiter, das ich endlich realisieren kann. Hier der Link auf 2 davon - die Viertelstundgedichte sind neu hier zusammengefasst.
Die Hand, in der die Feder ruht,
Wie ein Pflugbaum.
Die Feder – Difformität , mit der
Verwandlung entsteht:
Manifest einer Manie,
Das aufzählt nicht nur Verschiedenheit,
Das, bestreut vom Staub der Zeit,
Aus dem die Wort gehoben, aufzählt
Die wenigen Dinge. Ich warte.
Die Asche des Feuers noch warm.
Die Spur des Pfluges vergeht schon.
Das Stampfen der Eumeniden nähert sich.
Verborgen der sechste Finger.
Was stirbt, erringt eine Botschaft.
Wir Lebenden haben keine.
(Manche trauen sich eine zu.)
Was war das, was starb
Oder stirbt – der Tod ist Gegenwart,
Die nicht vergeht, schon war, -
Starb es in mir oder in dir?
Starb es denn, stirbt es noch?
Es betrifft mich, doch schmerzt das Schaben
Am Totholz kaum. Ich wachse nicht mehr,-
Werde geformt... Das Totholz glänzt knochenhell.
„nommer engendre les dix-mille choses“ Lao Tzu
Nicht sagen. Schweigen, beredt, das Rascheln im Busch.
Zehntausend Dinge betteln um Aufmerksamkeit,
Quetzalfarben. Ich bezweifle,
Dass ihnen mein Wort genügte.
Darf ich sie noch anrufen, die Bäume?
Was für eine Frucht gewinnt man aus dem Nichtsagen,
Das jenseits des Schweigens sein muss wie hinter Lianen?
Die Liebe verstummt, - tritt an ihre Stelle
(Aus ihrer Stelle) hinter dem, was ich nicht nenne,
Das kein Schweigen ist, eine Wirklichkeit hervor,
Die das Fehlen eines Schmerzes, das schmerzt,
Bekräftigend ersetzen könnte, zahlreich
Wie die Samen eines Granatapfels?
Darf ich statt deiner nun die Bäume anrufen?
Darf ich statt in dich nun in die Welt hinausgehen?
Ich lese, schliesst die Schriftsteller nicht in einer Sprache ein!
Bezifferungen um mich, denke ich, alles in Rechnungen gebracht.
Wer schreibt, ist Brennpunkt, Brennspiegel,
Für sich zuerst, selten für viele.
Auseinanderhalten, das ist eine verdienstvolle Handlung!
Eine Sprache... Ja, - ein Klumpen Teig im Denken:
Hefe – Alltag, Mehl – Wahrnehmung,
Wasser – Vorgänger. Heiz den Ofen! Aus der Seite dann
Steigt stetes Feuer – auch geschlossen, auch verdeckt.
Und wer kann denn Flammen zählen oder nennen?
Geschehnisse, die fast nicht geschahen
Für eine halbe Hand, Gewinn
Für den Ton eines Satzes, der neu
Quillt im Schatten der Handlungen
Die nicht bewirken, doch mahlt sich
(Die Feder rüttelt überm Blatt)
Dahinter – darin – nissenweiss
Das Korn, das im Auge brannte
Zum Staub eines Ereignisses
Das sich ereignete dort, wo nichts geschah.